Geschichte

Zusammenfassung der Vereinsgeschichte aus den vorhandenen Protokollen.

1902-1920
Am Sonntag, den 23.Nov.1902 abends 5 Uhr wurde in der Wohnung des Fritz Seiler, Buchhalter, auf dem Sand in Bönigen die Gründungsversammlung abgehalten.
Dabei waren die Herren Ludwig Seiler, Adolf Seiler, Fritz Seiler, Dorf, und Friedrich Urfer.
Fritz Seiler auf dem Sand war Cassier der Ersparniskasse in Interlaken und gab dem Orchesterverein Bönigen (vorerst so benannt) während 15 Jahren als Präsident das Gepräge. Er war wie er in seiner Eröffnungsansprache betonte ein Gegner der Vereinsmeierei, aber mit dem neuen Verein wollte er in erster Linie der Blechmusikgesellschaft gute Dienste leisten und für sich und eventuell den Fremden bei den Hotels zur Unterhaltung dienen.
In den Statuten war vorgesehen, dass die Mitglieder keine Auslagen zu gewärtigen hätten. Der Verein wollte sich über Passivmitgliederbeiträge finanzieren. In der damaligen Zeit schien man froh zu sein über Vereine, die Unterhaltung und Geselligkeit boten. Die Einnahmen überstiegen in den folgenden Jahren in der Tat jeweils die Ausgaben. Aber schon nach 5 Jahren wurde über Auflösung des Vereins diskutiert. Nicht die finanzielle Lage schien ein Problem zu sein, sondern die geringe Anzahl Aktivmitglieder.
Gemäss Fritz Seiler war man jedoch allgemein der Meinung mit der Aufllösung nicht zu pressieren und nochmals zuzuwarten, um zu sehen, wie sich die Dinge in Interlaken, wo ebenfalls ein Verein entstehen sollte, gestalteten.
Vertrauensvoll steht im Protokoll “Hoffentlich geht es in Zukunft wieder besseren Zeiten entgegen”. Aber nach fast 2 Jahren (1910) liest man im Protokoll: “Infolge verschiedener Vorgänge blieb der Verein seit fast 2 Jahren vollständig ruhen. Abgesehen von einigen schwach besuchten Übungen wurde nichts geleistet”. Präsident Fritz Seiler hielt nun den Zeitpunkt für gekommen, wo man die Sache doch wieder aufleben lassen sollte, umso mehr, da sich neue Mitglieder zur Aufnahme und Mithilfe angemeldet hatten. Er wurde mit der Ausarbeitung von neuen Statuten beauftragt, die 1911 genehmigt wurden.
Aus dem Orchesterverein Bönigen wurde der Orchesterverein Interlaken. Fritz Sieber blieb Präsident. Die Gemeinde Interlaken wurde für die Benützung des grossen Schulhaussaales angefragt zum Zweck der Abhaltung regelmässiger Übungen. Dafür wurde unentschuldigtes Fernbleiben mit einer Busse von 50Rp bestraft.
Für die Werkwahl wurde eine Musikkommission ins Leben gerufen. Der Verein nahm einen neuen Aufschwung, auch wenn sich nicht alle Mitglieder den Anforderungen gewachsen fühlten. In den folgenden Jahren wurde viel und erfolgreich musiziert, wobei nach dem Konzert noch ein geschlossenes Tanzkränzchen stattfand, das zusätzlicn Eintritt kostete und Geld einbrachte. Als Solisten brillierten mehrmals die Herren Karl und Fritz Hamberger aus Oberried, beide Pyrotechniker und beide begeisterte Amateurmusiker. Karl auf dem Cello, Fritz auf der Geige. Es wird erzählt, dass die beiden des öfteren mit dem Instrumentenkoffer in der einen Hand und dem Feuerwerkkoffer in der andern in den Kursaal gegangen seien um den konzertanten Abend in der Pause mit einem Feuerwerk für die Gäste zu bereichern. Für die Heimfahrt nach Oberried stand dann nicht mehr immer ein Dampfboot zur Verfügung.
Für den im Felde stehenden Dirigenten E. Flückiger wurde 1915 Herr Musikdirektor Arthur Ney gewählt. Dieser erhielt nun eine jährliche Besoldung von Fr. 200.- mit der Verpflichtung 4 Konzerte pro Jahr abzuhalten . Ein in der Kirche Unterseen durchgeführtes Wohltätigkeitskonzert ergab erfreuliche Fr. 102.85, wovon an die Notstandskassen Unterseen (20.-) Interlaken (15.-) Matten (15.-) abgegeben wurden.
Die Besetzung einzelner Register gab Probleme. Da die Klarinettisten dünn gesät waren, beschloss der Verein Klarinetten anzuschaffen und per Inserat Musikfreunde zu suchen, die sich an diesem Instrument ausbilden liessen. Der Hornist Brügger reichte an der Hauptversammlung 1915 seine Demission ein und gab sein Horn ab. Gründe waren aus der Austrittserklärung zu sehen. Da der Verein jedoch diese für nicht stichhaltig genug erachtete und überdies Herrn Brügger kaum entbehren konnte, wurde seine Demission nicht angenommen.
Nach jahrelanger Diskussion wurden 2 Kesselpauken endgültig angeschafft. Der Verein war nun verschuldet. Ein Darlehen von Fr. 250.- musste aufgenommen werden. Neue Passivmitglieder mussten angeworben werden. Zusätzlich sollte bei der Volksbank eine Sparbüchse bezogen werden, die mit freiwilligen Beiträgen von 5Cts an von Mit- und Nichtmitgliedern gespiesen werden sollte.
Nach 15 Jahren Präsidentschaftsamt lehnte 1917 Herr Fritz Sieber eine Wiederwahl enschieden ab. Neuer Präsident wurde Herr Rudi Huggler.
1918 musste auf ein Konzert verzichtet werden: Zuviele Aktivmitglieder waren im Militärdienst. Zudem war Herr Direktor Ney weggezogen. Die Anstellung eines neuen Dirigenten lag finanziell nicht drin. Das letzte Konzert ergab ein Defizit. Die Schulden des Vereins beliefen sich auf Fr. 1037.-. Sie konnten um Fr. 170.- vermindert werden, indem der Verein die Klarinetten wieder verkaufte. Für die Bezahlung der Zinsen wurde unter den Aktivmitgliedern freiwiliige Beiträge gesammelt. Wegen der Grippeepidemie gab es zudem ein allgemeines Vesammlungsverbot. Der Verein war auf dem Tiefpunkt angelangt.
Als Lichtblick am Horizont erschien die Wahl des Musikdirektors Carl Halter als neuer Dirigent. Herr Halter stellte seine Kraft zur Verfügung, unter der Bedingung, dass der Verein im Minumum 12 begabte Dilettanten zu reglemässigen Übungen verpflichten konnte. Mit Carl Halter erfuhr der Verein erneut einen Aufschwung, wovon diverse Programme und durchaus lobende Zeitungskritiken Zeugnis ablegten.
Leider fehlen zwischen 1920-1940 die Protokolle, sehr wahrscheinlich ist ein ganzes Protokollband verloren gegangen.

1940-1989
1940 war Carl Halter immer noch Dirigent. Seine unermüdliche Tätigkeit wurde besonders erwähnt. Wegen der unsicheren politischen Lage und in Anbetracht militärischer Inanspruchnahme einer Anzahl Vereinsmitglieder, konnte die Vereinstätigkeit nur auf kurze Sicht festgesetzt werden. Zugunsten der Wehrmannsfürsorge sollte ein Weihnachtskonzert mit den Vereinen Frohsinn und Caecilia einstudiert werden. Für ein Solistenkonzert wurde die Preisträgerin des 1. nationalen Wettbewerbes in Genf, Fräulein Lola Benda, engagiert, da ihre Ansprüche an das Honorar mit 75.- bescheiden waren.
Leider musste der Vorstand 1941 wegen der finanziellen Lage des Vereins Herrn Carl Halter das Honorar erneut kürzen.
An der Vorstandsitzung vom 12.Jan. 1942 demissionierte der Präsident Eduard Sterchi, Gemeindepräsident Matten. Obwohl er sich gegen die Wahl wehrte, wurde Herr Hans Stähli zum neuen Präsidenten gewählt.
Leider schliesst mit diesem Protokoll die schriftliche Vereinsgeschichte und wohl auch der Verein für eine Weile. Was nicht heisst, dass die Musik verstummte. Dafür war Herr Hans Stähli ein viel zu begeisterter Amateurmusiker. Nach mündlicher Überlieferung hat er die Noten und Hefte des Vereins zu treuen Handen übernommen und die Musik mit einigen Unentwegten weiterleben lassen.
Der Verein sah sich ausserstande, für die Finanzierung des Dirigenten aufzukommen. Es wurde keine eigentliche Vereinstätigkeit mehr geführt.
Die lose Gruppierung von Musikanten, die nun auf privater Basis und ungebunden weiter musizierte nannte sich bescheiden Kammermusikvereinigung Interlaken. Trotzdem: ihr gelangen bemerkenswerte Konzerte. Mit Ernst Schläppi wurden Chorkonzerte veranstatltet. Man wagte sich sogar berühmte Solisten einzuladen.
Mit Hans Stähli jun. erhielt sie einen Dirigenten, der einen neuen Anfang markierte. Hans Stähli jun. hatte sich in Mäni Webers Sendung “Doppelt oder nüt” am Schweizer Fernsehen als junger Seminarist einen Namen als versierter Sinfonienkenner gemacht. Als Kapellmeister und Komponist wurde Hans Stähli später in Deutschland bekannt, wo er zur Zeit immer noch weilt. Für den Orchesterverein Interlaken hat er im Jahr 2000 eine “Toceata in B-Dur in 3 Sätzen” komponiert, die der Orchesterverein mit viel Erfolg zur Uraufführung brachte.
Weitere Dirigenten der Kammermusikvereinigung warten Daniel Glaus, Helene Ringgenberg und Hanspeter Zumkehr, die für regelmässigen Konzertbetrieb sorgten.

1990-
Anfang der 90er Jahre entschieden sich die Mitspieler, den Orchesterverein Interlaken neu aufleben zu lassen und setzten neue Statuten in Kraft. Seither hat der Orchesterverein das Glück mit jungen, begabten Dirigenten zusammen arbeiten zu dürfen.
Dank einiger Gönner und einem grossen Kreis von Passivmitgliedern gelang es bis jetzt, den Verein finanziell über Wasser zu halten. Die Aktivmitglieder zahlen einen recht hohen Jahresbeitrag.
Wir sind froh, dass wir mit unseren Konzerten auf einen treuen Kreis von Interssierten zählen dürfen. Dank der Musikschulen haben wir junge Mitspieler mit guter Ausbildung gewinnen können. Allerdings bietet die heutige Zeit ein so grosses Angebot von Zerstreuung, sportlicher Aktivität und anderweitiger Unterhaltung, dass wir immer wieder gegen das Aussterben einzelner Register kämpfen müssen. Der gesellige Tanzanlass nach dem Konzert dürfte heute auf kein Interesse mehr stossen.
Die Mitglieder des Orchestervereins Interlaken sind der Meinung, dass das Flämmchen der klassischen Musik weiterhin brennen soll, und dass man es durch die Begeisterung der Mitspieler zum Aufleuchten bringen kann.